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Lunar Cape: Lunar Folk Tales (Review)

Artist:

Lunar Cape

Lunar Cape: Lunar Folk Tales
Album:

Lunar Folk Tales

Medium: Deluxe/3 CDs
Stil:

Märchenhafter Folk-Prog

Label: ArtBeat Music
Spieldauer: 130:45
Erschienen: 2019
Website: [Link]

Selten, ganz selten hält man als Kritiker ein dermaßen liebevoll gestaltetes und durchdachtes Gesamtkunstwerk aus Musik, Text und Malerei in den Händen wie „Lunar Folk Tales“ von LUNAR CAPE aus Russland!

Unweigerlich kommt einem beim Hören der Mondgeschichten die hervorragende progressive 1975er-Jazz-Rock-Folk-Klassik-Rockvariante von „Peter und der Wolf“, der Vertonung des originalen Prokofjew-Meisterwerks durch JACK LANCESTER und ROBIN LUMLEY (BRAND X) mit BRIAN ENO, MANFRED MANN, CHRIS SPEDDING, JON HISEMAN, BILL BRUFDORD, PHIL COLLINS und anderen Prog-Größen in den Sinn.
Nur gehen LUNAR CAPE noch einen riesigen Schritt weiter, veröffentlichen ihr Klassik-Rock-Mond-Märchen in gleich drei unterschiedlichen Varianten. Eine in ihrer Muttersprache Russisch – was für den Kritiker, der in seiner DDR-Schulzeit intensiv mit dieser Sprache gequält wurde, nunmehr eine wundervolle Erinnerung ist und natürlich zugleich unmittelbare Bezüge zu dem sowjetischen Komponisten und Pianisten Sergei Sergejewitsch Prokofjew (1891 – 1953) herstellt – sowie in englischer Sprache und extra noch in einer faszinierenden Instrumental-Version, die jedem Prog-Liebhaber das Wasser im Munde zusammenlaufen und die Ohren gehörig schlackern lässt.

Mit TREY GUNN als Sprecher auf „What The Peacock Is Silent About“ strahlt die englische Variante zudem einen besonderen Reiz auch für alle KING CRIMSON- und PORCUPINE TREE-Freunde aus. Und progressiv wie traditionell geht es auf allen drei CD‘s durchgängig zur Sache. Obwohl einem beim Hören besonders durch den intensiven Flöten-Einsatz immer wieder JETHRO TULL oder CARAVAN in den Sinn kommen, stellt die folkloristische Grundausrichtung noch dazu viele Parallelen zu RENAISSANCE und STEELEYE SPAN her.

Betrachtet man zugleich das komplette musikalische Konzept, das hintergründig speziell darauf basiert, jungen, noch auf Musik neugierigen Menschen progressive und gleichermaßen folkloristische Musik mit klassischen Anleihen näherzubringen, dann sind zugleich TUSMØRKE und BIG BIG TRAIN nicht weit. Genau hier reihen sich nunmehr auch LUNA CAPE ein, die man in einem Atemzug mit der norwegischen und britischen Band nennen sollte. Sie sind eben die russische Variante dazu.

Nach klassischem Vorbild agiert bei „Lunar Folk Tales“ neben einem Erzähler auch eine Erzählerin, die sich genauso intensiv in die Nymphe Syrinx wie in den Pfau Chicken Ry-aba zu versetzen vermag, wobei die Kombination aus gesprochenem Text, untermalt durch ausgiebig breitgefächerte Musik – in diesem Falle Prog-Folk – die englisch- sowie russischsprachige CD ausmacht. Mitunter entsteht hierbei der Eindruck, neben der weiblichen Sprechstimme würde zugleich eine weitere Musikstimme agieren – und zwar durch die Flöte zum Klingen gebracht. Zwei Erzähler, der eine verantwortlich für die Worte, der andere für die Töne. Eine grandiose Idee. Noch dazu schwer beeindruckend und stimmungsvoll umgesetzt.

Wie genau es zu der Idee und Verwirklichung dieses ambitionierten Kunstwerks kam, darüber gibt die Band selber Auskunft: „Der Inhalt der Geschichten basiert auf den uns bekannten irdischen Märchen, hauptsächlich aus Russland und Großbritannien. Nachdem sie zu den Mondbewohnern gelangt waren, erfuhren die Folklore-Geschichten eher unerwartete Details und Wendungen. Weißt du, warum es auf der Welt keine quadratischen Eier mehr gibt? Also finde es heraus. Unsere Geschichten sind sowohl für Erwachsene als auch für Kinder gedacht. Vielleicht sehnen sich die Erwachsene ein bisschen mehr danach.
Wir lasen einige der Geschichten laut vor und luden freundliche Musiker ein, andere zu lesen. Wir haben absichtlich keine professionellen Sprecher engagiert, da wir der Wahrnehmung von Musik und emotionaler Nähe höchste Bedeutung beimessen. Nastya Postnikova (Iva Nova), Maxim Kucherenko (Underwood), Trey Gunn (Ex-King Crimson) und Ozma Nagatovna (Abwesender Sonntag) haben uns sehr geholfen.“

Die instrumentale CD kombiniert dann russische Folklore voller Mandolinen und Waschbrettern und progressive Klangwelten miteinander, orientiert sich dabei natürlich an der musikalischen Basis der beiden Musik-Hörspiel-Varianten, klingt aber auch ohne Worte mindestens genauso verspielt wie die Geschichte hinter „Lunar Folk Tales“. Von dunklen bis hin zu lustigen Stimmungen gibt es hier alles zu hören, sodass man zu dem Schluss gelangen kann, dass selbst ein Prokofjew riesigen Gefallen an der klassisch angehauchten, farb- und stimmungsfrohen Umsetzung der Mondgeschichten finden würde.

Aber nicht nur die Ohren, auch die Augen laufen einem bei „Lunar Folk Tales“ über. Die drei CD‘s sind eingesteckt in ein LP-großes Gatefoldcover, das man wie eine zweiflüglige Tür, ähnlich wie die Original-Ausgabe von ELP‘s „Brain Salad Surgery“, aufklappen kann. Ein 10“-Vinyl-großes, 16seitiges Booklet entdecken wir nach dem Öffnen im Inneren der Hülle ebenfalls. Wunderschön im russischen Aquarell-Stil gestaltet mit der kompletten Geschichte in russischer und englischer Sprache. Natürlich gehören zu jeder Geschichte dann auch die Zeichnungen der jeweiligen Charaktere, die darin auftauchen. Besonders schön ist hierbei der einem mythologischen Fabelwesen ähnliche „Greedy Cousin Leprechaun“.
Noch dazu erfahren wir gleich zu Beginn der Mondgeschichte, dass der Mondwächter für all die Geschichten verantwortlich ist, die wir hier zu hören bekommen.
Geschichten, geschrieben in einer ganz eigenen Sprache: der Sprache aus Musik und Träumen!

Einfach traumhaft! Mehr gibt‘s im Grunde als FAZIT zu diesen künstlerisch wunderschön gestalteten und sprecherisch wie musikalisch großartig umgesetzten „Lunar Folk Tales“ von LUNAR CAPE nicht zu sagen oder zu schreiben. Wer sich noch nach „Peter und der Wolf“ von Prokofjew sehnt oder daran erinnert und sich gerne auf seine Kindheitstage besinnt oder für seinen progressiven Freigeist und den seiner Kinder ein Kunstwerk sucht, das all seine hochgeschraubten Erwartungen erfüllt, der hat es mit „Lunar Folk Tales“, an dem 20 Personen aus vier Ländern (Russland, Pakistan, Ukraine, USA) mitwirken, als russische, englische und instrumentale Variante plus 16seitigem Geschichten-Bilderbuch gefunden!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3736x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 „Lunar Folk Tales“ (Russisch) (46:04):
  • Alle Texte in russischer Sprache (vergleiche englische) Titelangaben
  • CD 2 „Lunar Folk Tales“ (Englisch) (46:03):
  • History Of The Moon
  • Nymph Syrinx Amidst The Stars
  • Doughball‘s Travels
  • Old Man Crawley And Wood Goblin
  • Blacksmith
  • Who Brought The Berries?
  • Greedy Cousin Leprechaun
  • What The Peacock Is Silent About (Oriental)
  • CD 3 „Lunar Folk Tales“ (Instrumental) (38:38):
  • History Of The Moon
  • Nymph Syrinx Amidst The Stars
  • Doughball‘s Travels
  • Old Man Crawley And Wood Goblin
  • Blacksmith
  • Who Brought The Berries?
  • Greedy Cousin Leprechaun
  • What The Peacock Is Silent About (Oriental)

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